01.11.2021 | Research

Irrationale Erwartungen und Aktienmarktvolatilität

Extrapolierte Erwartungen und Risikoaversion haben einen großen Einfluss auf die Bewegungen am Aktienmarkt, zeigt ein Researchpaper von Sebastian Hillenbrand und Odhrain McCarthy von der New York University. Die Autoren konstruieren ein Modell mit unterschiedlichen Arten von Investoren. Zunächst wird zwischen fundamentalen Investoren und Preis-Extrapolierern unterschieden. Letztere erwerben Aktien ausschließlich auf Basis kurzfristiger Renditeerwartungen, wohingegen bei den fundamentalen Anlegern die künftigen Cash-Flows Grundlage der Anlageentscheidung sind. Die fundamentalen Investoren untergliedern sich wiederum in rationale Anleger, die ihre Erwartungen zu künftigen Cash Flows auf rationale Weise bilden, und Cash-Flow-Extrapolierer, deren Erwartungen sich aus der Fortschreibung der Vergangenheit ergeben – und damit aufgrund hoher Anstiege in der Vergangenheit überzogen sein können. Um die Effekte irrationaler Erwartungen auf die Entwicklung der Aktienpreise bemessen zu können, wird die Differenz zwischen dem Gleichgewichtspreis und dem rationalen Preis berechnet, also dem Preis, der vorläge, wenn alle Investoren sich rational verhalten würden.

Dieses Modell testen die Autoren empirisch. Es zeigt sich, dass die Aktienpreise sehr sensitiv auf die Erwartungen reagieren. Ein Anstieg der Wachstumserwartungen der Cash-Flow-Extrapolierer um einen Prozentunkt führt zu einer Preissteigerung von 5,1 %, bzw. 4,5 % bei einem entsprechenden Anstieg der Renditeerwartungen. Weiterhin ergibt sich ein hoher Einfluss der Risikoaversion.


Quelle: Hillenbrand, McCarthy, 2021

Zusammen erklären diese drei Faktoren 80 % der Preisbewegungen des S&P 500 Index. Eine Varianzdekomposition ergibt, dass extrapolierte Erwartungen zusammen 57 % der Preisbewegungen erklären können, weitere 29 % entfallen auf die Veränderungen der Risikoaversion im Zeitverlauf. Rational gebildete Erwartungen künftiger Cash Flows haben dagegen keinen Einfluss. Basierend auf den empirischen Ergebnissen schließen die Autoren, dass 70 % der Aktienmarktvolatilität irrational bzw. Fehlbepreisungen sind. Anders ausgedrückt wäre die Volatilität 70 % geringer, wenn sich alle Anleger rational verhielten.


Quelle: Hillenbrand, McCarthy, 2021


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